Pflanzen haben sehr viele sekundäre Pflanzenstoffe. Viele von ihnen sind immer noch nicht ausreichend erforscht, manch ein Inhaltsstoff noch gar nicht entdeckt. Viele dieser Inhaltsstoffe dienen zudem als Vorlage für bekannte Medikamente. Ein Beispiel hierfür ist die Salicylsäure, die unter anderem in der Weidenrinde und im Mädesüß vorkommt. Sie ist auch unter dem Namen Spirsäure bekannt. Und weißt du, in welchem Medikament dieser Wirkstoff enthalten ist? Richtig, in Aspirin.
Pflanzen bilden ihre gesamte Biomasse mit all ihren Inhaltsstoffe mit Hilfe des Sonnenlichts. Dabei entstehen primäre und sekundäre Pflanzenstoffe. Zu den primären Pflanzenstoffen zählen Kohlenhydrate, Fette und Eiweiß. Es sind jedoch die sekundären Pflanzenstoffe, die eine Pflanze heilwirksam machen.
8 wichtige sekundäre Pflanzenstoffe möchte ich dir heute gerne vorstellen. In der Wissenschaft wird die Pflanze in der Regel auf einen Hauptwirkstoff „reduziert“. Pflanzen sind jedoch Vielstoffgemische, was bedeutet, das eine Pflanze nie nur auf Grund eines einzelnen Hauptinhaltsstoffs wirksam ist.
„DAS GANZE IST MEHR ALS DIE SUMMER SEINER TEILE“ Aristoteles
1. Ätherische Öle
Ätherische Öle sind meist an ihrem intensiven Duft zu erkennen. Wenn du einmal Rosmarin oder Lavendel zwischen den Fingern verrieben hast, kennst du diesen intensiven Duft. Aus Pflanzen mit einem hohen ätherischen Öl Gehalt werden die reinen ätherischen Öle gewonnen. Diese verwende ich super gerne für meine Duftlampe. Ich achte jedoch stets darauf, nur reines ätherisches Öl aus kontrolliert biologischem Anbau zu kaufen.
Ätherische Öle sind leicht flüchtige Stoffe, die nicht mit den fetten Ölen verwandt sind. Anders als fette Öle hinterlassen die ätherischen Öle keinen Fettfilm, da sie sich so schnell verflüchtigen. Dennoch sind sie nicht wasserlöslich. Man kann ätherische Öle aber beispielsweise mit Sahne oder Honig vermengen (emulgieren), bevor diese dem Wasser zugefügt werden.
So wirken Ätherische Öle
Ätherische Öle setzen sich aus unzähligen Einzelstoffen zusammen. Ätherisches Lavendelöl beispielsweise besteht aus über 100 Einzelstoffen. Dementsprechend vielseitig ist auch die Wirkung von ätherischem Öl. Je nach Öl wirken sie auswurffördernd, beruhigend, harntreibend, krampflösend, stärkend (tonisierend) oder bekämpfen Bakterien und möglicherweise sogar Viren.
Das Anwendungsgebiet ist ebenso vielfältig wie die Wirkweise. Ätherisches Öl wird angewendet bei Erkältungskrankheiten, Hautkrankheiten, zur Beruhigung genau so wie zur Anregung, zur Wundpflege oder einfach nur als herrlicher Raumduft, als alternative zu all den chemischen Duftstoffen, die es gerade überall zu kaufen gibt.
Diese Pflanzen enthalten besonders viel Ätherisches Öl
- Bergbohnenkraut
- Engelwurz
- Fenchel
- Kamille
- Gundelrebe
- Lavendel
- Thymian
- Melisse
2. Alkaloide
Alkaloide sind meist stark wirksame sekundäre Pflanzenstoffe, die jedoch ebenso giftig sind. Daher sind sie für die Selbstmedikation absolut ungeeignet. Alkaloide kommen in vielen Pflanzen vor, zum Beispiel in Nachtschattengewächsen wie in grünen Tomaten, in den grünen Stellen der Kartoffel oder der tödlich giftigen Tollkirsche.
Vor allem auf Grund der Alkaloide ist es sehr wichtig, dass du ausschließlich Pflanzen sammelst und verwendest, die du 100% kennst. Denn im schlimmsten Falle kann das Verzehren giftiger Pflanzen tödlich enden. Bislang sind ca. 1.000 verschiedene Alkaloide bekannt. Für Heilzwecke werden jedoch nur einige 100 verwendet.
So wirken Alkaloide
Die meisten Alkaloide wirken auf das Nervensystem giftig und haben dementsprechend hohe Nebenwirkungen. Zusätzlich werden sie eingesetzt bei Herzerkrankungen und Bronchialbeschwerden. Viele Alkaloide haben zusätzlich eine suchterzeugende Wirkung. Hierzu fällt mir gleich das Nicotin in Zigaretten ein.
Diese Pflanzen enthalten besonders viele Alkaloide
- Bittersüßer Nachtschatten
- Blauer Eisenhut
- gefleckter Schierling
- Herbstzeitlose
- Mutterkorn
- Tollkirsche
3. Bitterstoffe
Bitterstoffe, schmecken wie schon der Name erahnen lässt, bitter. Einige mehr andere weniger. Wenn du jemals einen Tee aus Tausendgüldenkraut probiert hast, weißt du wie bitter bitter sein kann. Bitterstoffe mögen nicht die kulinarisch reizvollsten Stoffe sein, allerdings tun sie unserem Körper richtig gut.
Nicht zuletzt auf Grund ihrer tonisierenden, kräftigenden Wirkung waren Bitterstoffe in vielen alten Rezepten für Lebenselexiere enthalten. Traditionell wird Gans zudem mit Beifuß gewürzt, eine Bitterpflanze, die die Fettverdauung anregt und dazu beiträgt die Gans magenverträglicher zu machen.
So wirken Bitterstoffe
Kaum zu glauben, aber Bitterstoffe wirken appetitanregend. Als Kind habe ich eine Zeit lang furchtbar bitteren Tee trinken müssen, weil ich zu wenig Hunger hatte. Ob’s gewirkt hat müsste ich noch einmal meine Mama fragen. Besonders toll wirken Bitterstoffe auf die Verdauung. Sie regen nämlich die Produktion der Verdauungssäfte an und tragen so dazu bei, dass die fette Gans besser verdaut wird.
Gleichzeitig sorgen Bitterstoffe dafür, dass wir Nährstoffe wie Vitamine und Mineralstoffe besser aufnehmen können. Ein weitere besonderer Pluspunkt von Bitterstoffen ist die tonisierende Wirkung. Das heißt, sie stärken unser Immunsystem wecken die Lebensgeister und können sich sogar positiv auf die Stimmung auswirken – bitter macht also lustig.
Diese Pflanzen enthalten besonders viele Bitterstoffe
- Andorn
- Beifuß
- Engelwurz
- Enzian
- Ingwer
- Löwenzahn
- Tausendgüldenkraut
- Wermut
4. Flavonoide
Flavonoide sind gelblich-orange Pflanzenfarbstoffe und kommen in zahlreichen Pflanzen vor. Besonders häufig kommen sie in Obst und Gemüse vor, aber auch in sehr vielen Wildkräutern. Alle Flavonoide haben die gleiche chemische Grundstruktur, bestehen jedoch aus einer Vielzahl von unterschiedlichen Stoffen.
Daher haben Flavonoide sehr viele unterschiedliche Wirkungen und ein entsprechend breites Anwendungsgebiet. Flavonoide sind wasserlöslich und lassen sich kalt und warm aus der Pflanze lösen.
So wirken Flavonoide
Trotz ihrer vielfältigen Wirkweise haben Flavonoide ein paar Gemeinsamkeiten in Bezug auf Ihre Wirkung. Sie können zum einen freie Radikale binden, wirken also antioxidativ. So schützen sie vor Zellschädigung und vorzeitiger Alterung. Einige Flavonoide wie beispielsweise die im Ginkgo können die Durchblutung verbessern und wiederum andere Flavonoide wirken als Stimmungsaufheller.
In der Arnika sind Flavonoide für die entzündungshemmende Wirkung verantwortlich. Ich könnte noch viele weitere Wirkweisen aufzählen. Wichtig ist zu wissen, dass Flavonoide, je nach Zusammensetzung unterschiedliche Wirkweisen haben. Beim Kochen bleiben Flavonoide übrigens erhalten, da sie recht hitzebeständig sind.
Diese Pflanzen enthalten besonders viele Flavonoide
- Arnika
- Ginkgo
- Goldrute
- Johanniskraut
- Holunder
- Sanddorn
- Weißdorn
5. Gerbstoffe
In früheren Zeiten hat man Tierhaut mit Gerbstoffen beispielsweise aus der Eichenrinde gegerbt. Dadurch wurde die Tierhaut in Leder überführt. Gerbstoffe haben die Eigenschaft, die Haut zu festigen und zusammenzuziehen. Dies geschieht, indem sich ein Gerbstoff mit einem körpereigenen Eiweiß verbindet und dieses Eiweiß dadurch verändert.
Zum einen entzieht er dem Eiweiß das Wasser, zum anderen sorgt er dafür, dass sich die Eiweißmoleküle vernetzen und so eine feste Membran bilden. Vielleicht hast du schon einmal schwarzen Tee getrunken, der zu lange gezogen hat. Unmittelbar nach dem ersten Schluck spürst du, dass sich alles zusammenzieht und sich der Mund trocken anfühlt.
Das ist die zusammenziehende Wirkung von Gerbstoffen. Gerbstoffe sind also auch wasserlöslich, jedoch nur in heißem Wasser, bei einem Kaltauszug lösen sie sich nur sehr schlecht.
So wirken Gerbstoffe
Auf Grund ihrer zusammenziehenden Eigenschaften, wirken sie wundheilend. Sie dichten eine Wunde ab und sorgen so dafür, dass keine Bakterien in die Wunde eindringen können. Ebenso kommen Gerbstoffe bei nässenden Hautekzemen zur Anwendung. Bei Durchfallerkrankungen wirken Gerbstoffe stopfend.
Was im Umkehrschluss bedeutet, dass man im Falle von Verstopfung auf gerbstoffhaltige Pflanzen im Form von beispielsweise schwarzem Tee besser verzichten sollte. Da Gerbstoffe schleimhautreizend wirken, sollte man vorsichtig in der Anwendung sein. Menschen, mit einem empfindlichen Magen sollten besser ganz auf sie verzichten. Auch verwendet man Gerbstoffe nicht auf trockenen Ekzemen oder trockenen Schleimhäuten.
Diese Pflanzen enthalten besonders viele Gerbstoffe
- Blutwurz
- Eiche
- Frauenmantel
- Gänsefingerkraut
- Odermenning
- Schafgarbe
- Schwarztee
6. Saponine
Saponine sind Seifenstoffe und wirken reinigend. Früher hat man Pflanzen mit einem hohen Gehalt an Seifenstoffen zum Reinigen von beispielsweise Kleidung verwendet. Efeublätter, Seifenkraut und Rosskastanien wurden hierfür bevorzugt verwendet.
Aus Rosskastanien kannst du übrigens ein wunderbares chemiefreies Waschmittel herstellen. Saponine setzen wie Seife die Oberflächenspannung zurück. Dadurch kann sich Wasser besser mit Luft verbinden – es entstehen kleine Seifenblasen, also Schaum.
So wirken Saponien
In der Heilkunde werden saponinhaltige Pflanzen als schleimlösende Mittel eingesetzt werden. Saponine verflüssigen den Schleim und tragen so dazu bei, dass sich ein festsitzender Husten besser lösen kann. Einige saponinhaltige Pflanzen wirken leicht harntreibend. Dies ist besonders förderlich bei Frühjahrskuren.
Ein weiterer Pluspunkt von Saponinen ist ihre Fähigkeit, die Resorptionsförderung von bestimmten Stoffen zu steigern. Man sollte jedoch auch beachten, dass Saponine vor allem auf die Schleimhäute reizend wirken.
Diese Pflanzen enthalten besonders viele Saponine
- Acker-Stiefmütterchen
- Birke
- Efeu
- Gänseblümchen
- Rosskastanie
- Indische Waschnuss
- Seifenkraut
7. Schleimstoffe
Chemisch gesehen, bestehen Schleime aus langkettigen Kohlenhydraten. Eine klassische Schleimdroge sind Leinsamen. Legst du diese in Wasser ein, bildet sich eine Schleimschicht um die Schale.
Schleimstoffe haben somit die Eigenschaft, sich mit Wasser zu verbinden, aufzuquellen und so eine schleimige Flüssigkeiten zu bilden. Schleimstoffe sind allerdings nicht hitzestabil und werden bei zu hoher Wassertemperatur zerstört.
So wirken Schleimstoffe
Schleimstoffe bilden einen lokal schützenden Film und wirken dadurch reizmildernd. Entzündungen, vor allem der Schleimhäute, können so schneller abklingen. Auch Reizhusten kann so gelindert werden. Zudem wirken Schleimdrogen leicht abführend, solange sie mit ausreichend Wasser zu sich genommen werden.
Umgekehrt können beispielsweise Flohsamen oder Leinsamen zu Verstopfung führen, wenn sie mit zu wenig Wasser aufgenommen werden. Eine weitere besondere Eigenschaft liegt darin, das Geschmacksempfinden für Saures abzumildern. Kaum zu glauben, aber Himbeeren enthalten mehr Säure als Johannisbeeren. Da diese aber auch sehr viele Schleimstoffe enthalten, schmecken Himbeeren kaum sauer, dafür aber angenehm süß.
Diese Pflanzen enthalten besonders viele Schleimstoffe
- Eibischwurzel
- Flohsamen
- Huflattich
- Königskerze
- Lein
- Malve
- Spitzwegerich
8. Senfölglycoside
Senfölglykoside erkennst du am scharfen Geschmack. Richtig scharfer Senf treibt dir die Tränen in die Augen. Er wirkt also reizend, aber auch erwärmend. Mischst du zudem Senfpulver mit etwas Wasser, entsteht ein stechender Geruch. Senfölglykoside oder kurz, Senföle sind im Senf genau so vertreten wie in der Kapuzinerkresse und den Kohlarten.
So wirken Senföle
Vor allem wirkt dieser sekundäre Pflanzenstoffe hautreizend. Diese Wirkweise ist zum Beispiel bei Muskelverspannungen und Muskelschmerzen gewünscht. Die hautreizende Wirkung trägt zu einer verbesserten Durchblutung der entsprechenden Hautpartie bei und wirkt zudem wärmend.
Innerlich angewendet, wirken Senföle keimhemmend und haben eine antibiotische Wirkung. Da Senföle außerdem entschlackend wirken, werden Pflanzen mit einem hohen Gehalt an Senfölen auch zum Detoxen verwendet.
Diese Pflanzen enthalten besonders viele Senfölglycoside
- Kapuzinerkresse
- Knoblauchsrauke
- Kresse
- Meerrettich
- Senf
Ich hoffe ich konnte dir einen groben Überblick über die vielfältige Wirkweise der einzelnen sekundären Pflanzenstoffe geben.
Wenn Du Fragen hast oder Anmerkungen, dann hinterlasse mir gerne einen Kommentar.
Referenzen und weitere Links
Mannfried Pahlow (2013) Das große Buch der Heilpflanzen Gesund durch die Heilkräfte der Natur
Siegrid Hirsch, Felix Grünberger (2014) Die Kräuter in meinem Garten
Ursel Bühring (2020) Alles über Heilpflanzen
Erkennen, anwenden und gesund bleiben. Das Standardwerk komplett aktualisiert und erweitert